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Das einzig Konstante im Universum ist die Veränderung.
Heraklit

Zum Tag der Deutschen Einheit – warum ich auch Europäer bin ….

03.10.2018 Allgemein Keine Kommentare

Die deutsche Einheit ist eine große Errungenschaft. Sie wurde friedlich erreicht. Es wurde damit nicht nur eine Nachkriegstrennung überwunden – nein, es wurden auch ideologische Grenzen des „Westens, hier der NATO“ und „Ostens, hier: des ehemaligen Warschauer Paktes“ überwunden. Ich bezweifele, dass dies heute mit Trump und Putin noch einmal möglich wäre.

Die Angleichung der Lebensverhältnisse hat noch nicht überall funktioniert. Das liegt auch in den unterschiedlichen Ausgangslagen (Gesellschaftlich, Politisch, Soziologisch) begründet. Aber insgesamt geht es allen besser als früher – auch wenn dies gern mal in Bezug auf die „gute alte Zeit“ anders verklärt wird. Auch sind nicht alle in Gesamtdeutschland „angekommen“. Die Rentner im Osten klagen über geringe Renten, die Rentner im Westen darüber, dass im Osten immer zwei Renten in einem Haushalt gezahlt werden. Es gibt noch die „Wendeverlierer“ – es ist auch klar, dass nicht alle Individuen einheitlich über Wiedervereinigung und deren Entwicklung denken. Das sind Folgen der unterschiedlichen gesellschaftlichen Systeme, die mit der Zeit verschwinden werden. Es gibt unzählige Beispiele von Post-Wende-Problemen, die allerdings die Millienials schon nicht mehr verstehen.

Durch die friedliche Wiedervereinigung leben wir Deutsche nun seit mehr als 70 Jahren in Frieden. Eine so lange Zeitspanne war dies in der deutschen Geschichte noch nie der Fall. Auch europäisch ist die die längste Zeit des Friedens. Das ist vor allem auch eine Errungenschaft der Europäischen Union. Und schon am Rande der EU wird es schwer mit dem Frieden (Jugoslawienkrieg etc.). Die EU führt dazu, dass man miteinander redet. Man entdeckt gemeinsame Ziele und Werte. Und die EU hat auch unser Leben konkret verbessert. Durch den europäischen Wettbewerb sind Strom, Gas und Telekommunikation deutlich günstiger geworden. Durch die Freizügigkeit ist die Wirtschaft stark gewachsen. Wir können europaweit reisen ohne Visa zu beantragen oder bei Zollkontrollen anzustehen.

Die letzten Zeitzeugen von Krieg, Leid und Hunger sterben in diesen Jahren. Die anderen Generationen kennen nur Frieden und Wohlstand, wenn auch in verschiedenen Ausprägungen. Und wie auf jede Bewegung physikalisch einen Gegenbewegung folgt, so treten jetzt vermehrt die Kritiker des Systems auf. So werden nationale Ideale befeuert und andere Nationalitäten ausgegrenzt und dämonisiert. Andere Länder als Gegner oder gar Feinde stilisiert, wieder mal auf dem Umweg der Religion. Statt Juden sind jetzt Moslems „der Feind“. Pauschal, ohne Differenzierung und konkrete Ursachenforschung. Wollen wir tatsächlich in die Nationalstaaterei zurück? An deutschen Grenzen anhalten, Importe sind teuer (wegen Zöllen) und Exporte schwieriger? Die Arbeitslosigkeit würde steigen. Einen deutschen „Brexit“, jetzt da klar wird wie negativ dies für Großbritannien werden kann?

Der demografische Wandel ohne qualifizierte Zuwanderung wird zu einer Überalterung, unbezahlbaren Renten und einer dekadenten Verkonsumierung des seit dem Krieg erarbeiteten Wohlstandes führen – und dann? Die „Rechten“ sprechen von „Umvolkung“ – wenn keine qualifizierte Zuwanderung kommt, wird es zur „Entvölkerung“ kommen, und zwar am Ende in bitterer Armut. Die Gründe für die Entwicklung liegen in den sinkenden Geburtenraten und Einwohnerzahlen der Deutschen selbst. Uns fehlen ja nicht nur Kinder – uns fehlen schon mehrere Müttergenerationen. Das hat mit Zuwanderung erst mal gar nichts zu tun. Die Veränderungen durch Zuwanderung verunsichert die Menschen – doch dem muss man mit geeigneten Zuwanderungsgesetzen begegnen. Wenn qualifizierte Zuwanderer die Wirtschaft stärken und die Rentenkassen füllen ist das sinnhaft. Wenn Ausländer diffamiert und vertrieben werden, werden auch viele Arbeitsplätze verloren gehen – der größte Arbeitgeber in Dresden stammt aus den Vereinigten arabischen Emiraten.

Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für die EU-Staaten. Hier insbesondere die „Neuen aus dem Osten“, die erst durch die EU zu erheblichem Wohlstand gekommen sind. Bei den jetzt wirtschaftlich erstarkten Staaten ist die Erinnerung an „früher“ noch frisch. Man will den neu erlangten Wohlstand nicht gefährden und wieder verlieren. Daher ist man leider nicht oder weniger solidarisch – obwohl man selbst erst kürzlich viel Hilfe und Solidarität erfahren hat. Psychologisch verständlich, aber bedauerlich. In diesem Fahrwasser sind bei diesen Staaten auch eher populistische, nationale Regierungen an die Macht gekommen, die selten friedlich wieder abtreten. Aber auch hier müssen wir Wege der Kooperation zwischen den Staaten und Völkern finden – Regierungen kommen und gehen. Gemeinsame Werte und Ziele verbinden uns. Das kann und darf nicht an Einzelfragen scheitern.

Insgesamt ist die EU eine Erfolgsgeschichte, auch wenn Bürokratie und Finanzkrisen auch Schattenseiten aufzeigen. Es ist aber auch aufwändig die Einzelstaaten zusammenzubringen und die verschiedenen Systeme zu harmonisieren. Aber Friede und wirtschaftliche Erfolge, Freizügigkeit sowie Zukunftsorientierung sind starke Erfolge. Ebenso würde wohl niemand ernsthaft die Deutsche Wiedervereinigung rückgängig machen wollen. Insbesondere auch nicht die Bürger in den neuen Bundesländern, die zwar jetzt im „härteren“ Kapitalismus stehen – aber wohl auch nicht in den Kontrollstaat der DDR zurück möchten. Genauso wenig wie die „Westdeutschen“, die keine neue innerdeutsche Grenze wollen. Die EU hat als Gemeinschaft die Chance uns weiterhin wirtschaftlichen Wohlstand und Frieden zu bringen – wenn alle Mitgliedstaaten nicht zu egoistisch agieren. Ob dies eine stärker Integration oder ein Verbund von Nationalstaaten sein wird bleibt zu diskutieren. Eine Des-Integration der EU wird aber unsere aller Wohlstand und wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig gefährden.

Daher müssen die Herausforderungen in Europa genauso ernsthaft angegangen und gelöst werden wir die innerdeutschen Themen. In beiden Fällen ist (auch manchmal selbstlose) Solidarität gefragt. Das muss natürlich auch von den Menschen ausgehen. Wir können uns nicht zurücklehnen und alles den Politikern überlassen – und diese dann noch kritisieren. Die Macht geht vom Volke aus (aber von der Mehrheit und nicht wie in Chemnitz von den Lautesten).

Ein Zusammenleben in Europa ist genauso vorteilhaft und zukunftsorientiert wie das Zusammenleben im vereinten Deutschland. Deutschland und seine Bürger werden ein sicheres und besseres Leben in einem vereinten Deutschland in einem starken Europa haben. Das erfordert natürlich auch Engagement, Solidarität und Investment. Das gilt es zu erhalten und weiter zu entwickeln.

 

 

 

 

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Dr. Michael Piontek