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Ist die Zinsentscheidung der EZB im Juni „gesetzt“?

19.04.2024 Allgemein Keine Kommentare

Aktuell scheint es einen Konsens im Markt zu geben, dass die EZB im Juni die Zinsen in einem ersten Schritt absenken wird. Zuletzt wurden für 2024 drei Zinsschritte zu je 0,25%, also insgesamt 0,75% erwartet. Selbst die Falken waren zuletzt moderat zu hören.

 

In Euroland und auch in Deutschland scheinen die seit Herbst 2023 sinkenden Inflationsdaten diese Entwicklung zu unterstützen. Aber ganz ist das Gespenst der Inflation noch nicht gebannt. Zum einen sind die Energiekosten (hier Öl Brent) aktuell mit 87 USD zwar nur rund 3 USD über dem Niveau vor 12 Monaten, aber in 2023 ist der Ölpreis in Mai und Juni deutlich bis auf 68 USD gefallen. Wenn sich dies in diesem Jahr nicht wiederholt, wird hieraus ein nicht unerheblicher Inflationsdruck bis zum Juni erwachsen. Zudem sind Zweitrundeneffekte aus den Gehaltsverhandlungen großer Gewerkschaften noch nicht vom Tisch, da wir noch reichlich verhandelt. Die Rentner bekommen in diesem Jahr auch eine Steigerung von über 4,5%. Bei weiteren Positionen der Kerninflation sind Preiserhöhungen noch nicht nachhaltig gebannt. Zudem bleibt das aktuell nicht unerhebliche Fiskalrisiko. Es gibt also auch Potential das die Inflation bis zum Juni wieder erhöhen, auf jeden Fall aber nicht weiter absenken könnte. Dann bleibt abzuwarten, wie die EZB reagiert.

 

Zwar ist die deutsche Wirtschaft aktuell mit sehr schwachem Wachstum unterwegs, die anderen Euroländer performen aber zum Teil deutlich besser. Wir dürfen nicht vergessen, dass die EZB immer den Gesamtbild auf die Eurozone als relevante Messgröße hat. Zwar ist Deutschland hier die größte Volkswirtschaft, aber eben nicht allein.

 

In den USA hat der Markt nun die Zinserhöhung für Juni ausgepreist. Dort erwartet man erst eine Zinsentscheidung im September. Mindermeinungen schließen sogar eine vorübergehende Zinserhöhung nicht aus. Grund sind hier die gestiegenen Inflationsdaten. Sollte die FED also die Zinsen nicht senken, würde ein Zinssenkung der EZB weiteren Druck auf den Euro gegenüber dem USD auslösen. Das allerdings könnte der deutschen Exportwirtschaft etwas helfen.

 

Insgesamt bleibt abzuwarten wie weit sich in EZB von der FED abkoppeln möchte. Oder ob die EZB die Zinserhöhungen auch noch bis nach der Sommerpause aufschiebt. Die langfristigen Zinsen sind in den letzten Wochen auf jeden Fall bereits leicht gestiegen. Die Zinsstrukturkurve sieht sinkende Zinssätze erst in 6 Monaten.

 

Eine Verschiebung der erwarteten Zinserhöhung dürfte auch Auswirkungen auf den aktuell noch schwierigen Immobilien-Transaktionsmarkt haben. Viele Marktteilnehmer erwarten einen ausreichend liquiden Transaktionsmarkt erst, wenn der Zinserhöhungszyklus definitiv abgeschlossen ist. Dann wird sich in einem ausreichend liquiden Markt auch das „neue“ Preisniveau bilden. Im Ergebnis könnte ein Verschiebung der Zinssenkung der EZB also auch zu einer Verschiebung der „Normalisierung“ des Transaktionsmarktes führen, zumindest den „Neustart“ schleichend belasten. Das sind dann keine gute Neuigkeiten für Player, die nach der langen Zeit der Paralyse des Marktes auf Transaktionen / Verkäufe angewiesen sind.

 

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