Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft: Chancen und Grenzen…
Die Immobilienwirtschaft ist aus dem Grundgeschäft keine sehr innovative Branche. Das Geschäftsmodell der Bestandshalter ist die Vermietung von Flächen in Gebäuden. Zudem ist die Immobilienwirtschaft klassisch konservativ. Die dicksten Mauern in der Immobilienwirtschaft sind die „im Kopf“. Einige denken: „Warum viel Geld für Zusatzangebote für Mieter ausgeben, wenn ich mir heute in Berlin die Mieter aussuchen kann?“. Natürlich ein etwas kurzsichtiger Standpunkt.
Viele Angebote basieren auf externen Plattformen, die dann mit den Daten weiterarbeiten und Geld verdienen wollen. Aber auf wie vielen Plattformen muss ich mich dann als Unternehmen anmelden? Und wie bekomme ich dann die Daten wieder in meine EDV? Und ich will weiter Herr meiner Daten bleiben (zumal die DSGVO hier ein mächtiger Hemmschuh beim Thema Datenweitergabe ist / wird). Daten sind das neue ÖL – sehr wertvoll. Daher sind interne, maßgeschneiderte Lösungen ggf. interessanter als allgemeine Plattformen, die immer nur Teillösungen anbieten können.
Digital hinzugewinnen kann man in der kaufmännischen und technischen Verwaltung, in der Gebäudesteuerung und -Überwachung und in der Nutzung der vorhandenen Stamm- und Nutzungsdatendaten.
Zu beachten ist auch, dass die ersten Innovationsansätze von branchenfremden in der Form kamen, dass sie Lösungen anderer Branchen auf die Immobilienwirtschaft übertrugen oder übertragen wollten. Das ist eine angebotsorientierte Vorgehensweise die Interessant ist und vielen die Alternativen Möglichkeiten vor Augen führte. Allerdings scheitert die Umsetzung / Einführung oft daran, dass es dann doch eher „nice-to-have’s“ als „must’s“ sind / waren. Wir bei erfolgreichen Unternehmen anderer Branchen muss die Innovation beim echten Bedarf des Kunden ansetzen. Wo hakt es? Wo sind zu viele manuellen Vorgänge? Wo fehlen Daten und Informationen? Wo sind Prozesse, die digital wirklich schneller, besser und sicherer ablaufen könnten. Das sind dann die erfolgversprechenden Ansätze.
Viele technische Lösungen der Gebäudesteuerung und -Überwachung bedürfen der technischen Einbauten und damit nicht unerheblicher Investitionen. Hier kommt natürlich die Frage nach der Rentabilität auf. und hier zeigt sich der erste grundsätzliche gedankliche Dissens zwischen Innovationsbranche Proptechs und FinTechs und der „realen“ Wirtschaft: Start Up’s setzen um und schauen dann ob es klappt oder nicht. Gehen ins Risiko, probieren aus und verwerfen bei Misserfolg. Und starten wieder neu. Immobilienunternehmen sind ihren Shareholdern zum sorgsamen Umgang mit dem Kapital verantwortlich und sind daher vorsichtiger und wollen nur einführen, was auch wirklich Vorteile bringt.
Hinzu kommt, dass die Start-Ups häufig Single-Use-Lösungen auf den Markt bringen. Das ist auch verständlich. man will ein Produkt so schnell wie möglich launchen. Aber hohe Investitionen von Unternehmen in ein Produkt, dass nur ein Problem löst oder mindert sind häufig nicht rentabel. Wenn Fassaden, Flachdächer oder Aufzüge „angepackt“ werden sollen / müssen, ist die Rentabilität oft nur sehr schwer darzustellen. Manche Bauteile einer Immobilie werden nur alle 30 Jahre erneuert. Daher ist die frage einer Nachrüstbarkeit oft wichtig. Ideen, die sich nur bei Neubau umsetzen lassen werden sich nicht so schnell durchsetzen.
Das verstehen die oft branchenfremden Start-Ups aufgrund ihrer anderen Herangehensweise oft nicht – und erste Anbieter ziehen sich schon frustriert zurück.
Verwaltungsprogramme zu verbessern oder neu aufzusetzen ist dagegen schon einfacher. Allerdings ist auch eine vollständige Migration auf eine neue Software schwierig. Ergänzende Systeme mit hoher Integration und Zusatznutzen sind schon eher erfolgsversprechend.
Die Sammlung von Daten und deren Nutzung wird künftig stark von der DSGVO beschränkt werden. Hier fehlen auch noch Erfahrungswerte. Da aber das Geschäftsmodell genau genommen die zusätzliche Auswertung von Daten zu einem anderen Zweck als den Datenerhebungszweck ist, dürfte hier genau ein Konflikt mit der DSGVO liegen. Es wird schwierig sein, jeden „Datenlieferant“ (Mieter, Dienstleister, Marktteilnehmer) rechtzeitig mit einer passenden Einwilligungserklärung zu erreichen.
Es wird daher eine gewisse „Abkühlungsphase“ nach der ersten Euphorie geben. Erfolgversprechend werden Multi-Use-Lösung mit Open-IP-Anbindung sein, die sich aber nicht am machbaren sondern am konkreten Nutzen und Bedürfnis der Branche orientieren und mit begrenzten Investitionen einhergehen.