Brexit – Das UK-Parlament darf entscheiden – aber was bedeutet das?
Das britische Parlament hat mit großer Mehrheit für das Abhalten des Referendums gestimmt. Es ist aus verschiedenen Gründen höchst unwahrscheinlich, dass es jetzt das Ergebnis nicht anerkennt und anders votieren sollte. Das hätte ernsthafte Folgen für die Glaubwürdigkeit und die Funktion der Demokratie in UK generell. Auch hat sich die aktuelle Regierung (die die Mehrheit der Abgeordneten hinter sich weiß) die Umsetzung des Brexit auf die Fahnen geschrieben.
Daher ist davon auszugehen, dass die britische Regierung im März 2017 den § 50 der Verträge ziehen und damit den Brexit beantragen wird. Dann bleiben 2 Jahre um alle Verhandlungen abzuschließen – das wird sicherlich eng. Neben dem Austritt aus alle europäischen Institutionen wird natürlich der Marktzugang versus Personen-Freizügigkeit die wesentliche Baustelle sein. Wird es ggf. sogar einen „Hard Brexit“ ohne abgeschlossene Verhandlungen geben? Oder einen „Soft Brexit“, der UK weiterhin Marktzugang gegen eine ggf. regulierte Personen-Freizügigkeit gewähren wird. Werden die EU-Partner mit UK hart verhandeln und den Preis des Brexit damit hoch treiben – oder aus wirtschaftlicher Vernunft einen leichteren Weg wählen?
UK hat zur Sicherheit den „Great Repeal Bill“ im Auge, d. h. das die aktuellen EU-Regelungen in UK weiter gelten sollen bis neue, eigene Gesetze erlassen werden.
Die EU und Deutschland müssen ein hohes Eigeninteresse an einem weiter funktionieren Handel haben, schließlich entfallen 18% des Handels in Europa auf UK. Wenn wir uns hier über Jahre (2 Jahre, die auch noch einvernehmlich verlängert werden könnten) einen unsicheren Verhandlungsmarathon liefern, dann wird die EU zur „Lame Duck“ in der Welt und gegen andere Regionen der Welt verlieren.
Die EU hat auch ein Interesse daran, dass es UK auch nach dem Brexit noch gut geht. Neben dem direkten Handel will die EU auch nicht, dass UK internationale Firmen durch hohe Subventionen nach UK lockt – das würde zu einem Subventionskrieg führen.
Ist es wahrscheinlich, dass die EU der 27 eine kooperative Politik verfolgen wird? Derzeit eher nicht, da Vorabstimmungen mit der UK derzeit verweigert werden.
Eine „Softe Lösung“ birgt die Gefahr, dass auch andere die EU verlassen wollen. Ein weiterer Grund ist, dass U.K. allein ggf. günstigere Freihandelsabkommen abschließen und damit deutlich profitieren könnte – und diese Güter dann bei einem soften Brexit (mit guten Vertragsbeziehungen in Bezug auf den Marktzugang zur Rest-EU) einfach die die EU einführen könnte und damit die EU-Freihandelsabkommen unterlaufen könnte. Das kann und wird die EU nicht zulassen.
Eine harte Lösung lässt sich politisch besser verkaufen, auch weil man sich positive Gewinne zu Lasten UK erwartet bzw. annonciert und populistische Stimmungen in der EU bedient.
Was wird sich durch den Brexit bei uns ändern? Vieles. Auf EU-Sicht: Es werden sich die Stimmverhältnisse in den EU-Gremien zu Gunsten der „Club Med“-Truppe (Südstaaten) gegen die ordnungsliberalen Staaten (inkl. Deutschland) verändern. Das wird zu mehr Vergemeinschaftung der Schulden führen – und weniger Reformen in den „Problemstaaten“.
Wir werden wohl auf absehbare Zeit mehr wirtschaftliche Unsicherheit und schwankende Wachstumsentwicklungen haben.
Und die Zinsen? Unsicherheit wird eher dazu führen, dass die Zentralbanken die Zinsen niedrig halten werden. Kurzfristig ist zu beachten, dass das Ankaufsprogramm der EZB passend zur Ziehung des § 50 auslaufen soll. Daher ist natürlich mit einer Verlängerung zu rechnen. Die Zentralbanken werden sich hüten, weiter Unsicherheiten zu produzieren.