Hängt die Niedrigzinspolitik vor allem an Herrn Draghi? Ist dies ein Risikofaktor?
Die EZB hat bereits vor der Zinserhöhung der FED im Dezember Gegenmaßnahmen ergriffen und damit klargestellt, dem Weg der Fed nicht folgen zu wollen. Daher haben sich die EURO-Zinsen auch von der FED-Entscheidung unbeeindruckt gezeigt. Auch die angekündigten „graduellen“ Anpassungen im Jahr 2016 werden daher keine Wirkung entfalten.
Herr Draghi hat vor dem Hintergrund der niedrigen Inflation (und der immer wieder von ihm gesehenen drohenden Deflation) weitere Lockerungsmaßnahmen der Geldpolitik angekündigt. Der Markt hat dies bereits antizipiert und die Zinsen auf neue Rekord-talfahrten geschickt. Die nächste EZB-Sitzung ist erst am 10.03.2016 – da muss Mario Draghi dann liefern.
Die Inflation wird sich wohl auch in absehbarer Zeit nicht deutlich in Richtung 2% entwickeln. Russland hat seien Ölproduktion noch erhöht. Iran drängt mit zusätzlichem Öl auf den Weltmarkt. Alle Ölproduzenten versuchen durch Mehrproduktion den gesunkenen preis am Ende auszugleichen.
Die EZB wird sich hüten die Markterwartungen nicht zu erfüllen – zu groß ist die Angst dann wieder erheblichen Unruhen am Zins- und Aktienmarkt auszulösen. Aber die Entscheidungen sind intern nicht unumstritten. Einige Ratsmitglieder favorisieren noch deutlichere Absenkungsmaßnahmen. Andere die Beibehaltung des Status Quo. Eine kleine Minderheit ist gegen die lockere Geldpolitik. Herr Draghi dominiert aber die Entscheidungen zu weiteren Lockerunsgmaßnahmen – und daran wird sich wohl auch nichts ändern.
Draghis Vertrag als EZB-Chef läuft bis Oktober 2019 – solange könnte daher der Status-Quo erhalten bleiben. Allerdings wird er auch für eine Nachfolge des greisen italienischen Staatspräsidenten Napolitano (89 Jahre) gehandelt. Sofern dies schlagend werden sollte, könnte ein früherer Rückzug Draghis möglich werden. Dann würden die Karten wohl „neu gemischt“ – allerdings könnte die EZB dann auch nicht abrupt den Hebel in eine andere Richtung umlegen. Allerdings bestünde dann die Chance bzw,. das Risiko auf einen Kurswechsel – da sich die Zinsen kaum weiter absenken lassen könnte dass dann eher in Richtung einer moderaten Normalisierung (wenn das noch gibt) gehen.
Die Personalie Draghi wird daher tatsächlich zu einem Risikoindikator, der in der Zinspolitik bzw. Zinssicherung jeden Unternehmens zu beobachten ist.