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Heraklit

Fachkräftemangel versus Digitalisierung und ChatGPT

26.04.2023 Allgemein Keine Kommentare

Nach aktuellen Meldungen fehlen bereits 2 Mio. Fachkräfte in Deutschland, Tendenz stark steigend. Das betrifft nahezu alle Branchen, auch die Immobilienwirtschaft. Oft wird über Möglichkeiten des Ausgleichs dieses Mangels über verstärkte Aus- und Fortbildung, aber vor allem auch über qualifizierte Verstärkung aus dem Ausland gesprochen. Wie wird aber die Digitalisierung hier Einfluss nehmen? Wie wird die künstliche Intelligenz (auch nach Muster Chat GPT) das Arbeiten verändern und sich damit auch auf den Fachkräftemangel auswirken? Können alle -vor allem die jüngeren- Arbeitnehmer entspannt sein und sich zukünftig noch den Job aussuchen?

Der aktuelle Fachkräftemangel ist auch eine Folge des demographischen Wandels (vor Zuwanderung). Es sind schlicht weniger junge Menschen in bzw. aus Deutschland, die auf den Arbeitsmarkt „drängen“. Auch verändern sich je Generation die Interessen und Ziele der jungen Menschen. Nicht immer deckt sich der „Mehrwert“ der jüngeren neuen Kollegen mit den altersbedingt ausscheidenden, erfahrenen Mitarbeitern.

Die Zahl der Einwohner Deutschlands hat sich zwar auch auf einen neuen Höchststand entwickelt, dies liegt allerdings vor allem in der Zuwanderung begründet. Hier stellt aber die Aus- und Weiterbildung der Zuwanderer zur fachlichen und sprachlichen Qualifikation augenscheinlich ein erhebliche und große Herausforderung dar, sodass aktuell durch Zuwanderung der Fachkräftemangel noch nicht ausgeglichen werden kann.

Aktuelle Lösungsansätze fußen auf der Annahme, dass sich das Arbeiten nicht wesentlich ändern wird. Das ist sicherlich zu kurz gedacht. Doch was wird das Arbeiten der Zukunft verändern? Viele externe Einflüsse lassen sich nur kaum voraussehen, einige naheliegende jedoch schon.

Die Digitalisierung wird weiter fortschreiten und das Arbeiten und die Jobs beeinflussen, die derzeit noch als „sicher“ eingestuft werden. Die Digitalisierung kaufmännischer administrativer Prozesse ist inzwischen weit verbreitet und allgemein „akzeptiert“. In der Immobilienbranche wird jetzt ein Augenmerk auf die Verbindung von Gebäuden und die GLT mit kaufmännischen und weiteren Prozessen gelegt werden. So werden auch die Beauftragungen von Dienstleistern, Handwerkern etc., die in der Vergangenheit von Mitarbeitern regelmäßig vorgenommen wurden, künftig automatisiert ausgelöst werden. Dies kann mit und ohne Preisvergleiche/Ausschreibungen erfolgen; häufig ist der Kostenvorteil einer automatisierten Beauftragung wirtschaftlich sinnvoller als etwaige Kostenersparnisse als Ergebnis kostenintensiver, manueller Preisvergleiche. So können alle Informationen aus der GLT und Sensorik dazu dienen, derartige kaufmännische Prozesse und Aufträge automatisch anzustoßen. Zusätzlich können alle Verbräuche von Wasser und Strom etc. digital überwacht und Abweichungen gemeldet werden – die Verbrauchsdaten werden für ESG-Themen ohnehin künftig benötigt. Verschmutzungen von Gebäuden könnten entweder über Sensorik, über Hochrechnungen/Voraussagen aus Wetterdaten und Kameras entdeckt werden. Viele Tätigkeiten aus dem Facility- und Property-Management werden zukünftig entfallen, Reisen zu den Immobilien schon aus ökologischen Gründen reduziert. Am Ende werden nur noch Managemententscheidungen durch Menschen zu treffen sein und sich einer nachhaltigen Digitalisierung entziehen. Um welche Entscheidungen handelt es sich? Nicht die Beauftragung von Kleinreparaturen, Reinigungsleistungen oder andere Beauftragungen aus dem Property-Management. Selbst Vermietungen könnten auf Basis der wirtschaftlichen Net-Effective-Rent eines möglichen Mietabschlusses kombiniert mit einem Bonitätsindex (z. B. aus Crefo) und einem ESG-Kennwert (wenn gewünscht) bereits jetzt technisch entschieden werden.

Die künstliche Intelligenz, die nun durch ChatGPT größere Bekanntheit erlangt hat und ihre Fähigkeiten zeigt, eröffnet nun ein völlig neues, zusätzliches „Spielfeld“. So kann die neueste Version das erste juristische Staatsexamen unter den Top 10 % bestehen. Besonders interessant ist die KI, da sie nahezu völlig offen und vielseitig verwendet werden kann. Die KI kann Texte erstellen, aber auch Analysieren und Informationen beschaffen. Das heißt nicht nur das Protokollieren von Terminen als Worddatei erstellen, sondern diese Texte auch kurz und korrekt zusammenfassen sowie ToDos und Arbeitsaufträge ableiten. Es besteht die Möglichkeit, nicht nur Abweichungen aus Soll- und Ist-Daten darstellen zu lassen, sondern auch die Gründe der Abweichungen zu ermitteln und ggf. zu bewerten. Als neuronales Netz ist ChatGPT aktuell auf öffentlich verfügbare und/oder zur Verfügung gestellte Informationen angewiesen und kann mit diesen Daten arbeiten. Branchen-KI sind umso effektiver, da sie innerhalb der Branchengrenzen mit den beschränkten daten und Informationen schneller lernen können. Aktuelle Anwendungen können z. B. Research von Markt- und Standortdaten aus verschiedenen Quellen sein, oder zu den wirtschaftlichen Daten von Geschäftspartnern etc. Wenn man Unternehmensdaten zur Verfügung stellt, können hiermit die vorgenannten Analysen etc. durchgeführt werden.

Aktuell ist noch keine „Brücke“ zu Robotics geschlagen worden. Hier könnten aber perspektivisch gegenüber der low-code/no-code im Wege der Open-AI Anbindungen erfolgen, die dann disruptiven Charakter haben können. Dann wäre der Weg in die „automation“ frei. Die KI wird also weniger eine klassische Software ersetzen als vielmehr perspektivisch die Bedienung der Software vom Menschen übernehmen. Die KI stellt dann eine logische Fortentwicklung der Robotics-Programme dar, die in den vergangenen Jahren doch noch recht unbeholfen daherkamen. Auch würden die Mitarbeiter einzelne IT-programme (ERP, DMS etc.) gar nicht mehr direkt bedienen. Es würde eine Master-Oberfläche auf dem Rechner zur Verfügung stehen, in die Mitarbeiter Fragen/Aufgabe/Informationsbedürfnisse eingeben (z. B. „Wie hoch waren die Mieteinnahmen im Mai in einer bestimmten Immobilie?“) und die KI wird sich bei den erforderlichen IT-Systemen anmelden, entsprechende Abfragen vornehmen, die Ergebnisse kontrollieren/plausibilisieren und schließlich herausgeben. 

Welche Bedeutung hätte dies für die Immobilienbranche? Die Digitalisierung und vor allem die KI inkl. „automation“ würden dazu führen, den Fachkräftemangel deutlich zu reduzieren, da erheblich weniger Arbeiten durch Personen zu erbringen sein würden. Die KI arbeitet rund um die Uhr und i. d. R. sehr viel schneller und effektiver. Firmen würden in der Zukunft nur noch bestqualifizierte Mitarbeiter für höherwertige Aufgaben benötigen. Das ist eine Aussicht, die eine Entspannung in der „battle-for-talents“ zur Folge hätte. Dies würde jedoch auch zu einem deutlich geringeren Bedarf an Büroflächen führen, denn die KI benötigt keinen Schreibtisch. Die Reduzierung der Nachfrage nach Büroflächen könnte einen ähnlichen und langfristig sogar deutlich größeren Nachfragerückgang als das mobile Arbeiten/Home Office zur Folge haben.

Was bedeutet der zunehmende Einsatz von KI für Mitarbeiter? Perspektivisch wird sich von „rosigen Zeiten“ verabschiedet werden müssen, auch von der Haltung, sich Jobs auswählen zu können, und einer gewissen Gemütlichkeitsmentalität. Es ist ein erhöhter Qualifizierungsdruck abzusehen, sowohl hinsichtlich fachlicher als auch Managementqualitäten. Es wird wohl ggf. wieder einen „battle-for-jobs“ geben, wie Ältere es noch aus dem letzten Jahrtausend kennen 😉. 

Spezialisten und Kompetenzträger werden bessere Chancen haben, Handwerker mit Spezial-Know-How und Mitarbeiter mit Berufserfahrung werden „die besten Karten“ haben. Künstler wähnen sich oft sicher, werden aber bereits jetzt durch KI ersetzt. Auch Architekten und Planer könnten sehr schnell ein „Opfer“ der KI werden, da diese ein Vielzahl möglicher Entwürfe (bereits bis zur Statik durchgerechnet und in Hinblick auf ESG optimiert) liefern wird – gern an den eigen architektonischen Geschmack angelehnt. 

KI und Digitalisierung werden unsere Arbeitswelt und unseren Alltag deutlich mehr verändern als jemals zuvor – vielleicht schon in den nächsten fünf Jahren, also ungewöhnlich schnell. Die Entwicklung wird den Fachkräftemangel mindern, wenn nicht in einigen Branchen / Tätigkeiten auch umkehren. Sind wir gespannt, lassen uns aber nicht überraschen… 

 

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