Michael Piontek
31.01.2022
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Seit lange wird diskutiert, ob und wie stark Zinsen die Immobilienpreise beeinflussen. Für mich ist es klar, dass Zinsen in mehreren Bereichen die Immobilienpreise beeinflussen:
- über die Kosten des Fremdkapitals,
- über die Verzinsung von Alternativanlagen,
- über direkte und indirekte Inflationseinflüsse.
Es ist nachvollziehbar, dass bei Immobilienanlagen mit höherem Fremdkapitaleinsatz steigende Zinsen höhere Immobilienrenditen zur Bedienung der Annuitäten erfordern. Ein Beispiel wäre sicherlich der Kleinanaleger, der einzelne Wohnungen oder kleinere Mehrfamilienhäuser als Kapitalanlage erwirbt und finanziert.
Im professionelleren Bereich (auch gewerbliche Anleger) wird deutlich mehr Eigenkapital eingesetzt. Hier ist aber zu beachten, dass deren Renditeerwartungen in Konkurrenz zu Alternativanlagen stehen. Wenn also andere Anlageformen höheren Renditen versprechen, muss die Immobilienanlage auch höhere Renditen bieten um wettbewerbsfähig zu sein.
In beiden Fällen sind höhere Renditen natürlich gleichbedeutend mit geringeren Kaufpreisen bzw. Immobilienwerten.
Steigende Zinsen können auf der anderen Seite Geld verknappen und damit Inflation senken. Wenn aber Inflation nicht mit steigenden Zinsen bekämpft wird, kann die Inflation in der Folge auch dynamisch ansteigen. Die Inflation kann dann entsprechende Auswirkungen auf alle Kosten- und Ertragszahlungsströme haben – und damit auch auf de Immobilienwerte.
In Deutschland haben die steigenden Zinsen im Jahr 2022 noch nicht zu deutlichen „Bremsspuren“ bei den Immobilienpreisen geführt. Im kleinteiligeren Bereich wird es sich wohl auch zuerst im Kleinanlegerbereich niederschlagen. Die Eigennutzer werden, insbesondere in den größeren Städten, aufgrund der Mangelsituation auch weiterhin bereit sein, entsprechende Preise zu zahlen. Erst später wird es ggf. auch hier Dämpfungen geben.
Im professionellen Bereich ist die Nachfrage und das verfügbare Eigenkapital noch unverändert hoch, das treibt die Preise. Hier wird es aber aufgrund der Alternativanlagen ab einem gewissen Zinserhöhungspotential gewisse Preisdämpfungen bzw. Erwartungen an gleichbleibende bis ggf. geringere Renditen geben. Andernfalls wird Eigenkapital dann auf andere Assetklassen verlagert.
Erste Effekte sind bei den sehr sensiblen Börsenkursen der notierte Wohnimmobilien-AGs zu betrachten. im August 2021 lagen die 10-Jahreszinsen auf einem langfristigen Tiefststand. Seitdem sind diese Zinsen nachhaltig gestiegen, inzwischen um ca. 0,7%. Gleichzeitig sind die Aktienkurse der führenden AGs um rd. 20% zurückgegangen. Da es alle größeren Gesellschaften betrifft, scheint die Entwicklung unabhängig von Ereignissen bei einzelnen Gesellschaften.
Die börsennotierten AGs sind ein sehr sensibler Gradmesser für Entwicklungen. In den Beginnen der Gesellschaften an der Börse lagen deren Kurse dauerhaft unter NAV. Erst nach einigen Jahren und steigender Popularität der Gesellschaften für größere Kapitalanleger stiegen die Aktienkurse über NAV/Aktie. Die Büro-AGs folgten dieser Entwicklung fast 2 Jahre später. Jetzt scheint eine gegenteilige Bewegung für die Wohn-AGs unter NAV eingesetzt zu haben. Ein Weg über NAV wäre, dass die NAVs durch Immobilienabwertung sinken. Das könnten die Kurse jetzt vorwegnehmen. Die Kurse könnten diese Erwartung des Marktes zeigen bzw. einpreisen.
Im Ergebnis scheint es erste Indikatoren zu geben, dass die steigenden Zinsen die Bewertung der Immobilien-AGs und damit der Immobilien negativ beeinflussen.
Sollte diese Entwicklung nachhaltig sein, wird sich dies auch im Assetmarkt zeigen und mit zeitlicher Verzögerung auch die Büromärkte betreffen. Die Entwicklung bleibt spannend – und abzuwarten.
Diese Ausführungen stellen nur persönliche Meinungen dar und sind natürlich keinerlei Anlageempfehlung in Bezug auf Aktien.
Michael Piontek
10.01.2022
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Die langfristigen Zinsen (z. B. der 10 Swapsatz gegen den 3-Monats-Euribor) sind Mitte Dezember um 0,25% auf plus 0,32% deutlich gestiegen, gegenüber Mitte August um 0,45% und seit Januar 2021 mit erheblichen Volatilitäten um sogar 0,60%.
Das kurzfristige Zinsniveau (z. B. der 3-Monats-Euribor) ist im gleichen Zeitraum mit rd. -0,55% nahezu unverändert geblieben, während der EONIA sogar noch leicht um 0,02% nachgab.
Insgesamt kam es daher zu einer deutlichen Versteilung der Zinskurve, der Unterschied zwischen 3 Monaten und 10 Jahren stieg auf über 0,8%.
Was sind die Ursachen? Die kurzfristigen Zinsen orientieren sich naturgemäß stark an den Leitzinsen der EZB; diese sind unverändert niedrig und der Einlagesatz der Banken bei der EZB liegt ebenso unverändert bei -0,5%.
Die langfristigen Zinsen sind deutlich stärker marktgetrieben. Während die erheblichen eingesetzten Mittel der Euro-Rettungsmaßnahmen i. R. der Finanzmarktkrise noch im Wesentlichen nicht in den freien Markt wirkten, werden i. R. der Coronakrise erhebliche Beträge zur Stützung von Märkten und Unternehmen bereitgestellt. Diese erhebliche zusätzliche Liquidität birgt ein erhebliches Inflationsrisiko.
Die Inflation lag dennoch in der Eurozone und den Einzelstaaten jahrelang sehr niedrig (bis Ende 2020 sogar zeitweise negativ), nun ist seit Mitte 2021 zum ersten Mal ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.
Die Gründe der steigenden Inflation sind mehrschichtig. Zum Einen gibt es temporäre Effekte der Veränderungen 2021 gegenüber außerordentlich niedrigen Preisen 2020 aufgrund der temporären Senkung der Mehrwertsteuer sowie des sehr niedrigen Ölpreises aufgrund der Coronapandemie. Neben diesen durch Zeitablauf vorübergehenden Effekten wirken zum Anderen nunmehr die internationalen Lieferengpässe sowie die Einpreisung der gestiegenen Energie- und Transportkosten auf eine Vielzahl von Handelsprodukten und Dienstleistungen inflationserhöhend.
Die EZB hat ihr Inflationsziel bereits flexibilisiert und damit erhöht auf um 2% und argumentiert nun mit einem erwarteten Absinken der aktuell sehr hohen Inflation von über 5%. Mit diesem Argument werden Zinserhöhungen derzeit abgelehnt. Selbst das Zugeständnis einer Reduzierung des Anleiheankaufprogrammes PEPP wurde durch eine Erhöhung des „normalen“ Anleiheankaufprogrammes ausgeglichen, bei dem jetzt auch gezielter – abweichend von der Normalverteilung über alle Länder der Eurozone – Anleihen von schwächeren Euro-Staaten erworben werden sollen. Hier wird die wahre (hidden) Agenda der EZB deutlich: Es geht ihr nicht um Preisstabilität sondern um eine Versorgung der schwachen und überschuldeten Euro-Staaten – auch um ein Auseinanderbrechen der Eurozone zu verhindern. Das dies nur über immer mehr Geld gehen wird ist klar, das wird aber auch wieder die Inflation befeuern.
Langfristig werden die hoch verschuldeten Euro-Staaten, die auch Reformunfähig oder zumindest Reformunwillig erscheinen, nur in der Eurozone überleben können, wenn dort die Zinsen für ihre Staatsschulden langfristig niedrig, am besten niedriger als die Inflation sind und bleiben. Dadurch könnten diese Euro-Staaten faktisch entschuldet werden. Bei einem BIP-Wachstum im Bereich der Inflation würde die Verschuldungsquote selbst dann sinken, wenn nicht die Staatsschulden nicht nur nicht getilgt sondern auch die laufenden Zinsen auflaufen und nicht bedient würden. Zu Letzterem wird es hoffentlich nicht kommen.
Die EZB wird weiterhin hoffen und argumentieren, dass die Inflation aufgrund der temporären Effekte wieder sinken wird und daher keine Zinswende erforderlich sein wird. Ich gehe auch von einem leichten Absinken der Inflation aus, die Inflation wird aber in der Gesamtsicht 2022 über 3% bleiben. Der Markt wird in der Folge die langfristigen Zinsen weiter moderat steigern, was zu einer weiteren Versteilung der Zinskurve führen wird. Dies ist aber auch kein Problem, da hierdurch die Banken wieder mehr Ertragspotential aus der Fristentransformation haben. In der Vergangenheit waren auch Zinsabstände von über 3% kein Problem.
Im Ergebnis wird die EZB gar nicht von der Niedrigzinspolitik abweichen können, will sie nicht die Eurozone und damit die eigene Existenz gefährden. Die Targetsalden sind bereits so hoch, dass auch ein Austritt von Schuldenstaaten nicht mehr verkraftbar wäre. Daher wir die EZB, selbst wenn die Anleiheankaufsprogramme auslaufen sollten, die Leitzinsen (die sich immer im kurzfristigen Bereich bewegen) nicht anheben.
Daher werden die kurzfristigen Zinsen in 2022 stabil bleiben und die langfristigen Zinsen ggf. noch um maximal 0,5% ansteigen.
Parallel wird die FED die Zinsen in den USA in 2022 allerdings anheben und damit auch den Kurs des USD gegenüber dem EUR ansteigen lassen. Dies könnte wiederum positiv für die Exportindustrie (insb. Deutschlands) sein.
Verlierer sind die Halter von Geldvermögen (Sparer).